Gemeinsam mit Herrn Dr. Thärichen, Geschäftsführer der Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit im VKU e.V., haben wir über die Implementierung des neuen KrWG gesprochen.

Das Gesetz bringt viele Neuerungen zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft und bietet einige Chancen für kommunale Entsorgungsunternehmen. Welche genau das sind und wie diese aktiv genutzt werden können, konnten wir in einigen Punkten bei einem kleinen Interview schon jetzt erfahren.

ADO: Herr Dr. Thärichen, die Novellierung des KrWG bietet viele Chancen für die Kommunen. Bieten die neuen Getrenntsammelpflichten die Möglichkeit, die kommunalen Strukturen weiter zu stärken?

Die neuen Getrenntsammelpflichten sind sicherlich eine Herausforderung für die Kommunen, insbesondere was die Getrenntsammlung von Alttextilien und die schonende Sperrmüllsammlung betrifft. Dennoch begrüße ich es, dass die getrennte Sammlung der Verwertungsfraktionen aus privaten Haushaltungen nunmehr explizit zur kommunalen Entsorgungsaufgabe erklärt wird. Das ist keineswegs selbstverständlich. In der Vergangenheit ist seitens der privaten Entsorgungswirtschaft ja durchaus versucht worden, die Wertstoffe aus der kommunalen Daseinsvorsorge „heraus zu definieren“.

Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sollten sich nun intensiv mit den neuen Getrenntsammlungsvorgaben beschäftigen und in der Tat strategische Überlegungen dazu anstellen, mit welchen Konzepten diese vor Ort umgesetzt werden können. Dabei sollte der örE für alle Getrenntsammelfraktionen – es sind immerhin acht! – den Bürgern ein serviceorientiertes Angebot machen und dies auch im Abfallwirtschaftskonzept festschreiben.

ADO: Wie bewerten Sie die neuen Recyclingquoten – sind diese ambitioniert und machbar mit den derzeitigen Strukturen?

Die neuen Recyclingquoten sind deshalb anspruchsvoll, weil sie anders berechnet werden müssen: nicht mehr der Input in einen Sortierprozess ist maßgeblich, sondern der Output, der tatsächlich einem Recyclingverfahren zugeführt wird. Die Quoten – 55 % im Jahr 2025 – sind zwar nur bundesweit zu erfüllen, aber es steht jeder Kommune sicherlich gut zu Gesicht, das eigene Handeln an diesen Quoten zu messen. Dabei wird es nach meiner Überzeugung ganz entscheidend auf die Qualität der eingesammelten Verwertungsabfälle ankommen, da hohe Fehlwurfanteile jeden Recyclingerfolg schnell zunichtemachen. Wir werden hier unsere Mitglieder mit geeigneten Hinweisen und Handlungshilfen unterstützen.

ADO: Welche Rolle spielt für Sie die erweiterte Produktverantwortung – besteht hier die Möglichkeit, den Kreis der Kreislaufwirtschaft endlich weiter zu schließen und welche Rolle messen Sie den Kommunen hier bei?

Die Produktverantwortung ist für uns immer ein ambivalentes Thema, da hier immer das Risiko eingeschlossen ist, dass uns Zuständigkeiten und Stoffströme entzogen werden. Auf der anderen Seite kann eine wirkliche Kreislaufwirtschaft auf die Inpflichtnahme der Hersteller nicht verzichten. Denn nur die Hersteller können für ein Ökodesign ihrer Produkte sorgen, nur sie können Produkte langlebig und modular konstruieren und Rezyklate statt Primärrohstoffe einsetzen.

Aus meiner Sicht kommt es daher auf eine intelligente Ausgestaltung der erweiterten Herstellerverantwortung an, die die Stärken und Potentiale aller Wirtschaftsakteure optimal adressiert. Bei den Textilien benötigen wir z.B. eine Herstellerbeteiligung an den kommunalen Sammelkosten, den verstärkten Einsatz von Recyclingfasern und eine Abkehr vom Trend der „fast fashion“. Hierfür werden wir uns auch auf europäischer Ebene stark machen, da für die EU-Kommission das Prinzip der Herstellerverantwortung einen sehr hohen Stellenwert hat.

ADO: Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung des neuen Gesetzes und wie können die kommunalen Entsorgungsunternehmen darauf reagieren?

Es fällt auf, dass Abfallberatung und Öffentlichkeitsarbeit der Kommunen einen immer größeren Stellenwert im Abfallrecht bekommen, der kommunale Aufgabenkatalog wird länger und länger. Die kommunale Abfallberatung muss sich künftig auch um die Themen Littering, Mehrwegangebote, ressourcenschonende Sperrmüllbereitstellung und sogar um den Gewässerschutz kümmern. Darin sehe ich aber auch die Chance, die kommunale Abfallberatung professionell weiterzuentwickeln und noch besser zu vernetzen. Wir haben viele sehr engagierte Abfallberaterinnen und Abfallberater in den Kommunen und den kommunalen Entsorgungsunternehmen, die wir als VKU in Zukunft noch intensiver unterstützen und mit geeigneten Medien und Inhalten versorgen wollen, damit das „Rad nicht überall neu erfunden werden muss“. Hier werde ich jedenfalls einen Schwerpunkt in unserer Verbandsarbeit legen.

ADO: Vielen Dank für das Interview Herr Dr. Thärichen.

Am 10.02.2021 wollen wir gemeinsam mit Herrn Dr. Thärichen und weiteren Experten und Politikern der Branche das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz diskutieren. Schwerpunkte sind hierbei die kommunale Daseinsvorsorge, der Stoffstrom Alttextilien, die nachhaltige Beschaffung sowie Konzepte zur Abfallvermeidung und Förderung der Wiederverwendung.

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